Tiger and Turtle

Am 9. September 2023 machten zwei Kolleginnen und ich vom Fotoclub City Treff einen Foto-Workshop in Duisburg. Das erste Ziel war die – ja, wie soll man das Gebilde benennen? Nennen wir es eine Skulptur, sehr ähnlich einer Achterbahn, die man erklettern kann, sogar mit Looping, den man aus naheliegenden Gründen natürlich nicht besteigen kann. Das Künstlerpaar Heike Mutter und Ulrich Genth, das die Skulptur geschaffen hat, nannte das Gebilde „Tiger and Turtle – Magic Mountain“. Es steht auf der 50 m hohen Abraumhalde einer ehemaligen Zinkhütte. Nach der Stilllegung der Zinkhütte wegen Unrentabilität kam, wie so oft nach der Schließung eines Industriebetriebes, das große Erwachen: der Boden war total verseucht. Nach einer aufwändigen Bodensanierung wurde die Skulptur 2011 eingeweiht. Ihre Anziehungskraft für die Region ist erheblich; sie ist das Wahrzeichen von Duisburg und die meistbesuchte Sehenswürdigkeit der Region. Das Begehen ist kostenlos!

Aus fotografischen Aspekten ist Tiger and Turtle ein Muss. Zum einen reizt der Ausblick – an schönen Tagen bis nach Düsseldorf – inmitten einer Industrielandschaft mit Hüttenwerken und rauchenden Schornsteinen, zum anderen fasziniert die grafische Struktur, die je nach Betrachtungswinkel immer wieder andere Ausformungen geschwungener Bestandteile hervorbringt. In der Nacht lässt die LED-Beleuchtung die Skulptur spektakulär über den Dächern von Duisburg leuchten.

Eine weitere, sehr ähnliche Skulptur steht in der Stadt Pohang an der Yeong-il-Bucht in Südkorea. Hier genießt man statt der Schwerindustrie den Blick auf das Meer.

Museum Küppersmühle

Das Museum Küppersmühle (MKM) liegt ca. 11 km von Tiger and Turtle entfernt am Innenhafen, ca. ¼ Std. Autofahrt. Das heutige Museum wurde 1860 als Mühlengebäude gegründet. Nach einigen Um-und Anbauten im 20. Jh. wurde die Mühle 1972 stillgelegt. Eine Bürgerinitiative bewirkte den Erhalt des abrissgefährdeten Baus. Heute ist das MKM ein absolutes Highlight, sowohl in kultureller als auch in architektonischer Hinsicht. In künstlerischer Hinsicht handelt es sich um eine der umfangreichsten Sammlungen moderner deutscher Kunst von 1950 bis heute mit Namen wie Georg Baselitz, Candida Höfer, Jörg Immendorf, Anselm Kiefer, Markus Lüpertz, A.R. Penck, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Rosemarie Trockel u.v.a. Initiator der ausgedehnten Sammlung mit ca. 1.500 Exponaten war das Darmstädter Sammlerehepaar Sylvia und Ulrich Ströher (Wella).

Für den Fotografen noch interessanter ist allerdings die Architektur der Küppersmühle. Nachdem ein fehlgeschlagener Umbau 2011 fast zum Ruin des Investors und zur Insolvenz der verantwortlichen Baufirmen geführt hat, ereignete sich ein wahrer Glücksfall: das Sammlerehepaar Ströher initiierte die MKM-Stiftung, besorgte die notwendigen Mittel und beauftragte das renommierte Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron (u.a. Elbphilharmonie)mit der Umgestaltung. Herausgekommen ist eine einzigartige Verbindung der ein Jahrhundert alten Mühlenarchitektur mit Formen und Strukturen des 21. Jahrhunderts. Der 1934 angebaute Siloturm mit seinen grauen, röhrenförmigen Kammern wurde durch Aushöhlung und mit der Schaffung von Verbindungsplattformen ebenso in das Ensemble eingepasst wie ein ganz eigenständiges und einmaliges Treppenhaus im Neubautrakt. Im September 2021 wurde der Erweiterungsbau eröffnet.

Man kann es kaum mit Worten beschreiben: seht selbst!

Fazit: Auch Duisburg ist eine Fotoreise wert!

Gerd Strophff, FCT